Oliver Maar

Geboren 1973 in Wien

Seit 1992 hauptberuflich freischaffender Werkelmann (Drehorgelspieler) und Humorist, Musik-Lochkartenmacher, Arrangeur, Komponist – Natursänger und Kunstpfeifer

Aufgewachsen in Wien und Niederösterreich. Als 16- Jähriger gab’s den Aufbruch „auf eigene Faust“ hinaus, unter die Leute mit der 1. eigenen Drehorgel auf dem Leiterwagen …

Wohin der Weg schon geführt hat:

  • Wiener Festwochen
  • Burgtheater Wien: Johann Nestroy „Der Zerrissene“
  • Klagenfurter Stadttheater: Eigenkomposition „Cinderella“
  • Konzerthaus Wien: Wiener Lied Festival
  • Festspielhaus St. Pölten: „Wiener Blut“, Ballett von Renato Zanella
  • Konzerte für das Wiener Volksliedwerk
  • Radiokulturhaus Wien
  • Internationales Volksliedfestival China
  • Schulprojekte für den Musikunterricht
  • Silvesterpfad Wien
  • Fernseh- und Radioauftritte (Seitenblicke, Peter Rappshow, Licht ins Dunkel, Bayrisches Fernsehen, Mitteldeutsches Fernsehen, Leporello Ö1, Gugelhupf Ö1)
  • großer Konzertsaal Mozarteum Salzburg (Mai 2010)
  • Brahmsaal Musikverein Wien mit den Philharmonia Schrammeln, 2012 und 2023
  • Höfefest Klosterneuburg, Höfefest Großenzersdorf
  • Wiener Rathaus
  • Landesmuseum St. Pölten
  • Festival wean hean
  • Landpartie am Kellerberg

Oliver Maar ist der einzige Wiener Werkelmann/Humorist, Natursänger und einziger Musiklochkartenhersteller für historische Drehorgeln Österreichs. Seine Drehorgelarrangements bearbeitet er in Handarbeit rein nach Gehör von alten Grammophon-Schellackplatten. Im Repertoire hat er alles von Beethoven bis zum legendären Helmut Qualtinger.

Oliver Maar besitzt eine umfangreiche Auswahl historischen Werkelinstrumenten. Diese sind nur mit ihm als Werkelmann buchbar, es ist kein Verleih der Instrumente möglich.
Das Repertoire der aus eigener Werkstatt hergestellten Musiklochkarten reicht von Wiener Kabarettliedern und Kuriositäten bis zu Jazz, Rock ´n´ Roll, Samba, Film- und Tanzmusik.

Als Oliver Maar erstmals seinen Berufswunsch, hauptberuflicher Werkelmann zu werden, äußerte, waren seine Eltern (Mutter: Tanzpädagogin, Vater: Psychologe) überrascht. Aber der junge Mann war längst vom „bazillus mechanicus“ angesteckt.

Er ging nach Frankreich, um das Stanzen von Kartonnoten zu lernen und arrangiert sich seither seine mechanische Musik selbst. In seiner privaten Sammlung finden sich antiquarische Kostbarkeiten aus der großen Familie der mechanischen Musikinstrumente in allen Formen und Größen. Aber er versteht sich nicht als Archivar, sondern als Musiker, der die Instrumente in Gang setzt und zum Spielen bringt.

Gab es um 1838 in Wien noch 800 Werkelmänner, so ist Oliver Maar heute nur mehr einer der wenigen Vertreter dieser Spezies. Aber ein besonderer, der zur mechanischen Musik auch singt und pfeift. Zu seinen beliebtesten Titeln zählt das bekannte Wiener Theaterlied „Mir is alles ans“. Hier textete er in eigener Sache eine neue Strophe dazu: „Wer a Geld hat, der wird a Werkelmann und wer kans hat, der treibt die Ferkeln an…“

Pressestimmen

Oliver Maar: Kunst_Hand_Werkel_Mann. Ein Furioso.

bockkeller 28, Juni 2022

Mehrere hundert Kilogramm Material brachte Oliver Maar, selbst knapp unter 50 (Jahre und Kilo!), am 15. Februar 2022 auf der Bühne der Bockkellers zum Glühen.  Die aus Schönberg am Kamp mit drei Autos angelieferten Drehorgeln machten bereits im Ruhezustand unglaublich Eindruck: Mit dem schnöden Begriff „Werkel“ wird man diesen bis ins kleinste Detail ausgefeilten Instrumentenbau-Kunstwerken nicht gerecht. Oliver Maar, bei dem sich Witz, Musikalität und Klugheit bestmöglich ergänzen, startete das Programm mit einem der Flötenuhrstücke von Josef Haydn und man ist bereits gebannt.

Locker und unprätentiös moderiert führt Maar sein Publikum von einem originellen Leckerbissen zum nächsten. Barocke Polyphonie auf einem Mundwerkel, Mozarts Türkischer Marsch als Samba. Bei Petruschka von Igor Strawinsky fragt man sich, ob das Stück nicht vielleicht ursprünglich für diese Drehorgel (Maar spricht liebevoll von seiner „Blondine“) komponiert wurde. Über Jazz (Ragtime im Big-Band-Sound, mitreißend auch die Nummer „Bluesette“ des Mundorgelspielers Toots Thielemans) kehrt der musikalische Parforceritt nach Wien zurück und landet nach einigen Walzern und Märschen zuletzt mit zwei Strecker-Liedern punktgenau im Liebhartstal.

Oliver Maar verkörpert seine Musik. Die eckige Drehweise, durch die jedes accelerando, jeder Einwurf, jede rhythmische Verschiebung auf die Zehntelsekunde passend serviert wird, das Registrationsspektakel, mit dem Orgelpfeifen aus Birne, Apfelholz und Bambus, das Helikon, die Drachentuba, die Glocken und Xylophon schwungvoll ins Treffen geführt werden und nicht zuletzt das Nachschieben der Lochkarten: Drehorgelspiel ist eine Tanzform. Wenn er nicht dreht, singt oder pfeift, plaudert Maar über seine Liebe zu Schellack-Platten, von denen er die Musik abhört, die er dann auf Lochkarten oder Scheiben stanzt, über Sandlerwerkeln aus der Koppstraße, die man im 19. Jahrhundert in Wien für einen Tag leihen konnte, um sie abends mit einem Großteil des Ersparten wieder zu retournieren, über Salonorgeln „mittel-nobler Leute“ (auf einer solchen erklingt zauberhaft der „Nachfalter-Walzer“ von Johann Strauss).

Höhepunkt des Abends war die Präsentation der von Christian Wittmann seit 2012 nach den Vorstellungen von Oliver Maar gebauten vollchromatischen Orgel (sie wurde in der Bockkeller-Ausgabe 28/1, Jänner 2022, S. 7-10 vorgestellt), die es möglich macht, Wiener Musik in dichtem Satz zum Klingen zu bringen. Das Publikum wartete neugierig auf die Uraufführung der ersten Komposition für dieses Instrument. Maar schildert sein anfängliches Zaudern angesichts der Vielzahl an klanglichen Möglichkeiten und zeichnet seine Eroberung musikalisch nach: Das Stück entwickelt sich aus einem langen Ton, immer wieder unterbrochen durch Pausen und Irritationen, die wie schüchterne Zwischenfragen wirken, bevor sich zaghaft Motive entwickeln. In einem beinahe mahleresken Crescendo nimmt die Musik an Fahrt auf und entlädt sich schließlich in einem Feuerwerk der Klänge. Kurios-furios. Bleibt zu hoffen, dass Werkel und Mann bald wieder zu hören sein werden.  kph

Ein Bubentraum wurde wahr – Werkelmann Oliver Maar

27.10.2014, Schönberg am Kamp/Wien (APA)

Wer an eine Drehorgel denkt, hat oft kalte Plätze in Wien und Tristesse vor Augen. Ein Werkelmann kurbelt an einem Kasten vor sich hin, aus dem verunglimpfte Wienerlieder herauswabern. Hin und wieder bückt sich ein Passant, wirft ein paar Cent in einen Becher und flüchtet. Auch Oliver Maar ist Werkelmann, doch seine Arbeit hat mit Tristesse nichts zu tun. Vielmehr mit Leidenschaft.

In seinem renovierten Winzerhaus in Schönberg am Kamp lebt Maar mit 17 Werkeln, wie die Drehorgeln in der wienerisch gefärbten Umgangssprache heißen. Das Haus ist Museum, Werkstätte und Wohnraum zugleich. Bei den 17 Drehorgeln sind „die kleinen Skurrilitäten gar nicht mitgerechnet“, erzählte Maar beim Besuch der APA und demonstrierte zum Beispiel eine Drehmundharmonika. Zu den Werkeln in allen Größen kommen Dampfmaschinen, rund 3.000 Schellacks, meist Jazzraritäten aus den Pionierzeiten der Tonträger samt alter Grammofone und eine ganze Batterie von Lochkarten, selbstgestanzt, denn das ist Oliver Maars erlernter Beruf.

Die Idee, Werkelmann zu werden, setzte sich schon sehr früh in Maars Kopf fest. Das Initiationserlebnis erfolgte Ende der 70er-Jahre am Graben in der Wiener Innenstadt. Der damals Fünfjährige war mit seiner Mutter unterwegs, als er einen Werkelmann sah. „Meine Mutter hat mich dort nicht mehr weggebracht“, schilderte der mittlerweile 41-Jährige im APA-Gespräch. Die Begegnung definierte sein Leben, genauso wie ein Praterbesuch, bei dem er das Pferdekarussell gegenüber vom Schweizerhaus und dessen Musikanlage kennenlernte. Heute lebt Maar von den Auftritten mit seinen Werkeln. Sogar im Musikverein ist er schon aufgetreten.

Die Musik stanzt er selbst, nach Gehör, denn Noten lesen hat er nie gelernt. „20 Stunden Musik werden es schon sein, die ich gestanzt habe“, sagte der Werkelmann. Die Drehorgeln selbst sind ganz alt bis ganz neu. Das älteste Stück verfügt über eine Stiftwalze und stammt aus dem Revolutionsjahr 1848. Das neueste Modell bekam er im vergangenen April von einem guten Freund, der gleichzeitig auch Österreichs einziger Drehorgelbauer ist, und der das Instrument nach Plänen Maars baute. „Das Stück hat technische Finessen ohne Ende. Es ist a Wunder, dass ka Heckspoiler drauf ist

Das Problem an herkömmlichen Drehorgeln war immer, dass sie gewissermaßen abgespeckt waren. „Ein normales Werkel hatte drei bis fünf Bassnoten, nicht mehr“, so Maar. Eine kleine Drehorgel habe eben reduziert arbeiten müssen, aus Platz- und Gewichtsgründen. Die Werkelleute konnten sich oft keine Leiterwagen leisten und mussten ihre Instrumente mit Riemen auf dem Rücken von Ort zu Ort tragen. Mehr als 30 Kilogramm durften diese daher nicht wiegen, deshalb seien meist die Halbtöne weggelassen worden. „Die Musik leidet natürlich darunter. Man kann wunderbar einen Landler spielen, aber bei der Wiener Musik wird die G‘schicht schon eng“, erläuterte Maar. Die Idee sei gewesen, ein Werkel bauen zu lassen, das wie ein Piano alle Halbtonschritte habe. Das Ergebnis wurde quasi ein Orchester auf vier Rädern.

Modern sei das alles dennoch nicht: „Ein modernes Werkel hat keine Lochkarten oder Stiftwalzen, sondern einen Computer. Der Werkelmann draht nur für die Luft (über die Kurbel wird die Luft für die Orgelpfeifen eingelassen, Anm.)“, schilderte Maar. Er habe einmal eine Drehorgel mit Computerunterstützung benützt, weil sein Hauptinstrument in der Werkstatt war. „Die Leute waren richtig beleidigt. Die sagten: Geh, lass uns doch einmal hineinschauen. Und waren dann tief enttäuscht.“ Da habe er sich endgültig entschlossen, dass ihm Computerwerkeln nicht ins Haus kommen.

Stattdessen sucht er immer wieder nach historischen Drehorgeln und wird oft fündig. So steht eine Ottakringer Orgel in seinem Haus, die ziemlich genau aus dem Jahr 1885 datiert und die er in der Schweiz gefunden hatte. Auf dieser demonstrierte er den Donauwalzer und eine Wiener Spezialität. „Es war eine Modeerscheinung in Wien, fast zur Wissenschaft erhoben, viereckat umzudrahn.“ Die Kurbel wird nicht in einem betätigt, sondern sehr abgehakt, um zum Beispiel die für den Wiener Walzer typische Verzögerung zwischen Schlag zwei und drei zu bekommen, erklärte der Werkelmann.

Landler, Wiener Walzer, Helmut Qualtingers Lieder der 50er- und 60er-Jahre sind sicher Schwerpunkte in Maars Repertoire, der auch singt. Doch es findet sich auch anderes, abgesehen von einigen Eigenkompositionen. Für den Geburtstag eines 17-Jährigen stanzte er Musik der US-Metal-Band Metallica für seine Werkeln. „Wenn ein 17-Jähriger dann sagt: ‚Pfau, des is a urgeile Kistn‘, dann ist das schon eine Auszeichnung.“ Metallica sei schräg für eine Drehorgel, aber nicht „das Schrägste“ in seinem Fundus. Wirklich schräg seien „ein arabischer Bauchtanz oder ein Samba“.

Der Winter rückt näher, was für Maar in der Regel etwas weniger Auftritte und mehr Arbeit an den Lochkarten bedeutet. Vor allem für das neue Werkel muss einiges an Musik produziert werden. „Du brauchst natürlich jedes Jahr neue Musik, sonst laden‘s dich ja nicht mehr ein. Obwohl das so klischeeerfüllend ist: ‚A Werkelmann spielt eh immer dasselbe“, sinnierte Maar.